



Die Herstellung der Scherben
Für die industrielle Herstellung der Fliesen wurden große Mengen an mineralischen Rohstoffen und viel Energie benötigt. Zunächst aus England und später auch aus Sachsen kamen sowohl die Kohlen für die Öfen als auch die verschiedenen „Erden“ für die Fliesenherstellung per Schiff in den Boizenburger Hafen. Die Gleise der 1889 eingeweihten Boizenburger Stadtbahn, vom Hafen zum Bahnhof, waren schnell mit einer Weiche an das neue Fabrikgelände angeschlossen worden. Die Werksbahn brachte nun das Material vom Hafen ins Werk, ein Kran entlud die Erden in verschiedene Halden – auch Hocks genannt. Dort sollten sie mindestens ein Jahr lang lagern, damit die Brocken schon einmal durch Frost aufgebrochen wurden. Die Tonfahrer füllten dann nach Rezept die passenden Mengen der Erden mit ihrer Schaufel in eine Lore. Aus der Lore wurde die Mischung in ebenerdige Rührbottiche abgelassen, mit Wasser versetzt, maschinell gerührt und gesiebt, bis eine milchige Masse entstand. Diese wurde in die Trommelmühle gepumpt. Sogenannte Kugelflintsteine, die zumeist an der Ostsee gesammelt wurden, übernahmen in der Trommelmühle die weitere „Feinarbeit“, so dass die jetzt entstandene flüssige Masse in die Filterpressen gefüllt werden konnte. In über Holzrahmen gespannten Leinentüchern wurde der Masse durch Pressen die Feuchtigkeit entzogen. Die entstandenen Massekuchen wurden zu Strängen gepresst, dann zu Blöcken geschnitten und - meist zwischen den Tunnelöfen – getrocknet. Schwere körperliche Arbeit, verbunden mit viel Staub und großen Temperaturschwankungen. Die Blöcke wurden in der Kolleranlage anschließend wieder grob zerkleinert und in einer Feinmühle zu Pressmehl verarbeitet. Hieraus wurden die Rohlinge gepresst und mit einer Kennung des Herstellers auf der Rückseite versehen. Die Rohlinge wurden in hitzefeste Kassetten einsortiert und zum ersten Schrühbrand in den Tunnelofen gefahren. Der einmal gebrannte Fliesenrohling wird Bisquit-Scherben genannt. Auf diesen wurde, anfangs per Hand, später durch Tauchen, Sprühen oder Gießen - die Glasur aufgebracht. Es folgte ein zweiter und abschließender Brand, bevor die fertige Fliese verpackt und über den Boizenburger Hafen in alle Welt verschifft werden konnte.